Konzept für die Offene Jugendarbeit im Jugendzentrum KORA (Hamburg/Lohbrügge)

1 Bedingungen

1.1 Umfeld der KORA / Lebensbedingungen der Besucher

Die KORA liegt am nordöstlichen Rand des Wohngebietes Lohbrügge Nord. Lohbrügge Nord entstand Anfang der 60ger Jahre als reines Wohngebiet, Gewerbe gibt es nur im geringen Umfang im westlichen Teil Lohbrügge Nords. Seit Anfang der 90ger hat es einen erheblichen Zuzug von Aussiedlerfamilien in Lohbrügge gegeben. Das Jugendzentrum liegt im direkten Einzugsbereich von fünf Hochhäusern und weiteren Wohnanlagen die zum großen Teil über den Sozialen Wohnungsbau finanziert wurden. Seit Beginn der 90ger Jahre hat es in Lohbrügge  Nord einen erheblichen Zuzug von Aussiedlerfamilien gegeben. Nach Schätzungen des Bezirksamtes Bergedorf liegt der Anteil der Einwanderer aus Osteuropa in Lohbrügge Nord bei ca. 10%, im Kerngebiet bei ca.20%. Der Anteil der AusländerInnen in Lohbrügge liegt unter dem Hamburger Durchschnitt aber über dem von Bergedorf.
Im direkten Umfeld gibt es mehrere Supermärkte bzw. kleine Einkaufszentren die die Grundversorgung der Bevölkerung abdecken. Für die Freizeitgestaltung stehen, eine Videothek, ein Billardtreff und einige Kneipen, die allerdings eher älteres Publikum ansprechen, zur Verfügung. Weitere Freizeit- und Kulturangebote finden sich dann erst wieder im Zentrum Bergedorfs.
Die soziale Infrastruktur für Jugendliche besteht in Lohbrügge Nord aus zwei Jugendzentren im östlichen Teil (Kap + KORA), sowie dem MOBILO (mobiles Kinderprojekt der AWO) und dem staatlichen Spielhaus am Kurt-Adams-Platz. Im alten Teil von Lohbrügge gibt es noch ein Spielhaus an der Lohbrügger Landstr. und den Jugendclub Rielstr. der katholischen Kirchengemeinde.

1.2  Institutioneller Rahmen

1.2.1 Das Haus

Ist ein Teiles eines Schulgebäudes von dem drei Klassenräume, mit separatem Eingang als Jugendzentrum genutzt werden. Der restliche Gebäudekomplex wird weiterhin als Grundschule genutzt. Die KORA exsistiert seit 1979.
Der untere der drei Räume ist mit Tresen, Billard und Kicker für den offenen Betrieb zum rumhängen, spielen, Musik hören etc. ausgestattet. Im Erdgeschoss befindet sich außerdem noch einen kleine Küche.
Im ersten Stock ist ein Raum als „Werkstatt“ eingerichtet hier finden verschiedene Interessengruppen statt.
Der dritte Raum ist mit Sofas, Tischen und Computern ausgestattet. Hier finden Gespräche, Schularbeitenhilfe, Gesellschaftsspielnachmittage und ähnliches statt. Direkt anschließend an diesen Raum befindet sich auch das Mitarbeiterbüro. Das Büro wird außer zur Verwaltung etc. auch für Beratungsgespräche genutzt.

1.2.2 Das Personal

Das Mitarbeiterteam der KORA besteht aus drei fest Angestellten (eine volle Sozialpädagogen Stelle, zwei halbe Erzieherinnen Stellen) und einer Honorar Kraft (auf 620DM Basis). Für besondere Projekte werden Fachleute über Aufwandsentschädigung beschäftigt. Die Hauptamtlichenstellen sollen sowohl weiblich als auch männlich besetzt sein.

1.2.3 der Träger

Die KORA wird vom Jugendzentrum KORAchstr. e.V. betrieben. Die KORA ist die einzige Einrichtung dieses Trägers der freien Jugendhilfe. Die Einrichtung wird jährlich mit rund 200.000 DM aus dem Hamburger Jugendhilfeetat bezuschusst. Die KORA exsistiert seit 1979 und wurde Anfangs nur mit Honorarkräften betrieben. Seit1984 gibt es eine hauptamtliche Stelle die 1990 um eine zweite ergänzt wurde.

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2 Besucher

Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren aus dem Bereich Lohbrügge und den angrenzenden Stadtteilen. Hier im speziellen sozial benachteiligte Jugendliche.
Die soziale Benachteiligung besteht unter anderem aus:

Immer häufiger bemerken wir eine unrealistische Einschätzung der Jugendlichen was ihre zukünftigen Lebens-, Berufsperspektive betrifft. Traumvorstellungen über Beruf und Verdienst stehen im Raum ohne eine realistische Einschätzung der eigenen Ressourcen zu haben. Die Erkenntnis bzw. die Realisierung der eigenen Lebenslage führt unweigerlich zur Frustration.
Zur Zeit handelt es sich bei ca. 50% der BesucherInnen  um Jugendliche mit Migration´s Hintergrund, in erster Linie aus Polen und der ehemaligen Sowjetunion.
Kinder und Jugendliche jüngeren Alters besuchen immer mehr die Jugendzentren. Gleichzeitig nimmt die Zahl der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahre, die die Jugendzentren noch besuchen, durch die Verlängerung der Bildungs- und Ausbildungsphase immer mehr zu.

„Es gibt eine steigende Zahl von älteren Jugendliche, die nach dem Ende der Schul- bzw. Ausbildungszeit aufgrund der Arbeitsmarktsituation keinen Übergang in eine selbständige gesellschaftlich anerkannte Erwachsenenrolle finden. Diese meist arbeitslosen oder unterbeschäftigten 'Jugendlichen' bleiben oft bis weit über das zwanzigste Lebensjahr hinaus Jungendzentrumsbesucher." (Kämper 1992, 41)

Diese beiden Tendenzen führen zu Schwierigkeiten in der praktischen Arbeit des Jugendzentrums.

Auch in der KORA ist dieses Phänomen seit Jahren zu beobachten, dies führt dazu, immer wieder eine Neubestimmung der Zielgruppe betreiben zu müssen. In einem etwa drei bis vier jährigen Rhythmus vollzieht sich die Erneuerung der Altersgruppe der Stammbesucher. In den Zwischenphasen eine Altersgruppe ist noch nicht raus, die andere ist noch nicht drin, gibt es regelmäßig ein „Besuchertief“. Diese Phase des „leeren“ Jugendzentrums ist notwendig, da wir der Meinung sind das die Jugendlichen sich IHRE Räume selbst suchen sollten, und neue Jugendliche sich in der Regel eher in einer Lücke ihren Raum suchen als sich in feste, besetzte Strukturen einzuordnen. Eine Gruppe die sich ein Jugendzentrum „aneignet“ wird dann über drei bis vier Jahre kontinuierlich das Jugendzentrum besuchen. Dadurch erhalten wir die Möglichkeit intensiv mit dieser Gruppe zu arbeiten, und sie auf ihrem Weg von Jugendlichen zum Jungerwachsenen zu begleiten.

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3 Handlungsziele und Prinzipien

Unter offener Jugendarbeit verstehen wir zunähst, dass Jugendlichen Räume zur Verfügung gestellt werden, die sie freiwillig besuchen können, in denen sie sich mit Gleichaltrigen treffen, wo sie "in Ruhe" gelassen werden, aber wo die Mitarbeiter auch dazu anregen einen kommunikativen Raum zu entwickeln. In diesen Räumen können auch verschiedene Projekte stattfinden, wie Theater, Filme drehen oder Musik.
Die Jugendlichen  „(...)brauchen 'Raum' zur Auseinandersetzung mit Problemen, die aus der Familie, der Freundschaftsbeziehungen, der Schule, der Ausbildung oder der Situation der Arbeitslosigkeit in die 'Freizeit' hineinwuchern." (Kämper 1992, 81)
Mit unseren Angeboten wollen wir positive Erfahrungen vermitteln, die den Jugendlichen die Vorteile des Agierens in der Gruppe und die gemeinsame Umsetzung der eigenen Interessen ermöglicht. Dabei ist uns folgendes besonders wichtig:

Diese sozialen Schlüsselqualifikationen sollen die Jugendlichen dazu befähigen, sich kritisch und konstruktiv mit den gesellschaftlichen Realitäten und ihrer eigenen Rolle darin auseinander zusetzen. Durch die sozialpädagogische Begleitung sollen sich die Jugendlichen in ihren Lebensbedingungen zurechtfinden und aktiv ihre Problemlagen angehen.
Es gilt den Jugendlichen, unabhängig von lohnabhängiger Beschäftigung, identitätsbildende Tätigkeiten aufzuzeigen. Unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen gilt es ein  zufriedenes Leben trotz sozialer Benachteiligung zu führen.
Besonders wichtig erscheint uns, sich nicht den gesellschaftlichen Bedingungen unterzuordnen. Die Jugendlichen sollen dazu befähigt werden solidarisch konstruktiv ihre Bedürfnisse zu formulieren und umzusetzen.

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4 Angebote

4.1 offene Arbeit

Der offene Betrieb ist der Schwerpunkt der Arbeit des Juz KORA. Der  im Erdgeschoss liegende Raum Tresen, Billard und Kicker steht zum rumhängen, spielen, Musik hören etc. zur Verfügung. Hier werden auch Getränke, Snacks etc. angeboten.
Der im ersten Stock gelegene, mit Sofas, Tischen und Computern ausgestattet Raum. Hier finden die eher ruhigen Aktivitäten wie: Gespräche, Schularbeitenhilfe, Gesellschaftsspiele und ähnliches statt.

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4.2 Beratung

Eine niedrigschwellige Beratung findet täglich während der offenen Arbeit in Einzel- und Gruppengesprächen statt. Individuelle Beratung findet bei Bedarfstatt. (z.B. Berufs- Drogen- Beziehungsberatung) Für den Fall, dass eine intensive Beratung über einen längeren Zeitraum stattfinden muss, vermitteln wir die betreffenden Jugendlichen an fachspezifische Beratungsstellen weiter. In einigen Fällen begleiten wir die Jugendlichen auch zu den ersten Gesprächen in diesen Beratungsstellen, allerdings nur wenn dies von  den Jugendlichen gewünscht wird.
Die Beratungen finden in den verschiedensten Themenbereichen statt:

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4.3 Aktivitäten

Regelmäßige wöchentliche Spiel- und Sportangebote.
Parallel zu den Öffnungszeiten besteht die Möglichkeit am Computer zu arbeiten. (Musik machen, Internet, Spiele zu spielen und für Schularbeiten zu recherchieren).

Projektangebote finden in den Bereichen: Textildruck, Computer und Video statt,
verschiedene Bastelangebote finden unregelmäßig, bei Interesse statt. (Töpfern, Kochen, Fahrradreparatur, etc.)
Einzelprojekte in Kooperation:

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5 Zusammenarbeit und Kooperation

Die KORA arbeitet eng mit den anderen Einrichtungen des Stadtteils zusammen. Dies geschieht auf verschiedenen Ebenen:

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6 Evaluation

Evaluation findet innerhalb der KORA durch regelmäßige Vollversammlungen mit den Jugendlichen statt. Hier werden die vorhandene Angebote diskutiert und eventuelle neu Projekte indiziert.
Außerdem führen wir ständig Besucherzählungen und ein bis zwei mal jährlich Besucherbefragungen durch. Fachlich stehen wir in enger Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Lohbrügge-Nord. Im "Lohbrügger-Verbund" wird die Kinder- und Jugendarbeit für Lohbrügge-Nord koordiniert und es findet eine gemeinsame Absprache der Angebote statt. Dies ist neben der Evaluation im Team die wichtigste Möglichkeit die eigenen Angebote zu überprüfen und gegebenen Falls zu aktualisieren.

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7 Schlussbemerkung

Dieses Konzept kann nur als vorübergehen betrachtet werden, da die offenen Jugendarbeit einem ständigen Wandel orientiert an den Bedürfnissen der Jugendlichen unterworfen ist. Wir entwickeln die Arbeit mit den jeweiligen Besuchern und dem Team ständig weiter, und versuchen uns so dem Bedürfnissen der Jugendlichen und des Stadtteils möglichst gut anzupassen.

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Literatur

Kämper, W. (1992): Lebens- Räume. Interkulturelle Pädagogik und (offene) Jugendarbeit. Frankfurt/Main.

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letzte Änderung am 12.07.2002